Akne ist eine der häufigsten Hautkrankheiten. Leidtragende sind oft Männer, die im Fitnessstudio trainieren. Wachsende Muskeln können zu einer unreinen Haut führen. Doch der Reihe nach.

Verantwortlich für Akne sind Hormone und Entzündungsprozesse. Wissenschaftliche Studien raten dazu, die Ernährung bei Akne umzustellen. Die einen empfehlen, die schnell aufgeschlüsselten Kohlenhydrate wie Schokolade wegzulassen, die anderen auf hoch gesättigte Fettsäuren wie zum Beispiel Pommes frites zu verzichten. Manche raten zu einem Verzicht auf Milch oder Molkepulver, das gerne zum Muskelaufbau verwendet wird. Andere Wissenschaftler behaupten, dass sich die Ernährung nicht auf die Haut auswirkt. Doch was ist richtig? Wirken sich bestimmte Nahrungsmittel ungünstig auf die Haut aus? Und wenn ja, wie? Und was hat das Ganze wiederum mit dem Fitnessstudio zu tun?

Wir wollten es wissen und haben Dr. med. Heiko Grimme gefragt. Dr. Grimme ist Facharzt für Hautkrankheiten und der richtige Ansprechpartner rund um das Thema Haut. Als ärztlicher Leiter am MVZ Hautzentrum am Kurpark in Stuttgart berät und hilft er Patienten u.a. bei unreiner Haut mit Pickeln, Papeln, Mitessern und bei Akne.

 

Herr Dr. Grimme, haben Sie ein schönes Beispiel zum Thema Akne und Ernährung aus Ihrem Praxisalltag?

Ja, das habe ich. Heutzutage trainieren ja viele junge Männer ihre Muskeln. Frauen auch, aber tendenziell mehr Männer. Sie wollen gut aussehen, Muskeln haben und gehen ins Fitnessstudio. Die Männer ernähren sich allesamt, je ernster sie es betreiben, genau in der Weise, wie man eine Akne auslöst oder verschlimmert. Aber die Muskeln gehen vor. Wenn ich den jungen Leuten sage, dass die Akne deswegen so stark ist, weil sie stündlich ihre Eiweiß-Shakes nehmen oder Kohlenhydrate essen, will das natürlich niemand hören. In den letzten Jahren ist in der Forschung zum Vorschein gekommen, dass die Ernährung die Akne stark verschlimmern kann. Wenn man sich an die Tipps vom kundigen Hautarzt halten würde, dann würde man die Akne bessern können.

Es gibt auch Vitamine, die Akne auslösen. Es gibt Patienten, die haben einen Vitaminmangel, bekommen vom Hausarzt Tabletten oder Spritzen mit hoch dosierten Vitaminen. Das sind dann meist Frauen im mittleren bis reiferen Alter. Sie kommen dann in die Praxis mit einer starken Akne und haben noch nie eine Akne gehabt oder nur mal Pubertätsakne. Dann kommt die Frage, warum so plötzlich die Akne aufgetreten ist? Dann wird gefragt, ob sie Medikamente nehmen, nein. Und Vitamine, ja: „Ich bekomme gerade Vitamin B-Spritzen von meinem Hausarzt“.  Das ist dann die Ursache. Irgendwann gab es die erste Spritze, dann hat es 2-3 Wochen gedauert und man hat es nie richtig auf die Vitamine geschoben. In diesem Fall muss man dafür sorgen, dass die Dosis drastisch reduziert wird und wenn das Vitamin nicht mehr nötig ist, ganz darauf verzichten. Dann ist das Hautbild wie vorher, die Akne geht weg. Das ist auch immer eindrücklich. Man muss einfach daran denken, nachzufragen, wenn sonst gar nichts in Frage kommt. Einfach so, mit 40, 50 Jahren bekommt man eigentlich keine neue Akne.

Wir fassen zusammen: Die Ernährung wirkt sich auf die Akne aus. Stichwort Kohlenhydrate, Eiweiß-Shakes, Vitamine.


Da sind wir ja gleich beim Thema. Die Ernährung wirkt sich auf die Akne aus?

Ja, die Ernährung wirkt sich definitiv auf die Akne aus!

Bis vor zehn Jahren gab es verschiedene Studien, die haben mal das eine oder das andere nachgewiesen. Dass Ernährung etwas bei der Akne auslöst, dass Ernährung bei Akne nichts macht. Während meiner Ausbildung haben wir noch gelernt, dass die Ernährung die Akne nicht beeinträchtigt. Spätestens seit zehn Jahren gibt es neue Studien. Hier hat man herausgefunden, dass die, die viele Milchprodukte und Süßigkeiten essen, süße Getränke wie Fanta und Cola trinken und Zucker zu sich nehmen, anscheinend eine stärkere Akne haben. Hier hat man dann angefangen, nachzuforschen. Und Leute mit deutlicher Akne mal sechs Wochen auf Diät gesetzt. Einige haben dann auch eine Hautbiopsie gemacht, Hormone gemessen etc., wie denn das alles zusammenhängt. In den letzten Studien wurde schon schlüssig herausgearbeitet, dass es nicht mehr die fettarme Milch ist, sondern im Grunde geht es um Milchprodukte und es geht um Nahrungsmittel, die entweder einen hohen glykämischen Index oder glykämische Last haben. Das sind eigentlich Sachen, die schnell verdauliche Kohlenhydrate enthalten. Das ist einerseits Weißmehl, gewisse Fast-Food-Produkte, aber auch süße Sachen, Reis und Nudeln. Man weiß jetzt, wie alles zusammenhängt. Es gibt ein neues Gesundheitsthema. Wenn man viele Kohlenhydrate isst, vor allem die, die schnell ins Blut gehen, schnell aufgenommen werden wie Glucose und Zucker, Weißmehle, steigt der Blutzucker, der Körper reagiert, indem er Insulin erhöht. Und gleichzeitigt steigt auch der IGF (Anmerkung der Redaktion: Insulinähnlicher Wachstumsfaktor, englisch Insulin-like growth factors).

Die beiden Hormone Insulin und IGF sind dafür da, dass die Blutglucose nicht so hoch ansteigt und schnell ins Gewebe geht. Wenn wir zu viel Glucose haben, ist das nicht gut. Das ist bei Diabetikern so, die haben zu wenig Insulin, d.h. zu hohe Glucose und das macht sie krank und lässt sie früher sterben. Heute weiß man, dass viel Insulin und viel IGF nicht gesund sind.

Wenn wir uns jetzt wieder auf die Akne konzentrieren: Insulin und IGF sind zwei Hormone, die einerseits die Glucose aus dem Blut in das Gewebe schaffen und gleichzeitig aber dafür da sind, das Wachstum stattfindet. Jemand, der seinen Bizeps trainiert, will, dass sein Muskel wächst. Der braucht deswegen dann viel Zucker usw. aber auch whey Proteine, d.h. Molkenproteine. Die Molkenproteine enthalten sogar zwei Aminosäuren, die sorgen für einen hohen Insulin- und IGF-Anstieg. Wenn das passiert, wird man stärker und die Muskeln wachsen.

Aber es passiert noch etwas, und zwar in den einzelnen kleinen Haarfollikeln und deren Talgdrüsen, d.h. tief in den Hautporen, dort, wo die Akne stattfindet. Die Talgdrüsen wachsen, sie produzieren ganz viel Hautfett, die Verhornung nimmt zu, es wächst in diesen kleinen Haareinheiten.

Das ist das, was die Akne ausmacht: Eine verstärkte Verhornung, die Poren verstopfen, eine verstärkte Bildung von Fetten. Das lieben die Bakterien, die dort leben. Sie heißen Propionibakterien acnes. Die fühlen sich ganz wohl in dem Talg, spalten diese Fette und machen daraus Fettsäuren, die wiederum eine Entzündung hervorrufen. All das wird gefördert durch Insulin und IGF und die Verzweigtkette von Aminosäuren (Anmerkung der Redaktion: Leucin ist die wichtigste Aminosäure für den Muskelaufbau, enthalten im Molkenprotein).

Der Bodybuilder will genau das: Er will Wachstum seiner Muskeln, kann aber auch Wachstum seiner Akne bekommen.

Dr. Grimme, was raten Sie jetzt einem Bodybuilder, der mit einer unreinen Haut vor Ihnen steht?

Ja, das ist in der Tat ein Konflikt, der lässt sich nicht lösen. Wir haben natürlich als Dermatologen auch gute und starke Medikamente, mit denen man auch eine schwere und hartnäckige Akne behandeln kann. Darauf läuft es dann oft hinaus. Mit gewissen Medikamenten kann die Akne zu 99 Prozent auch verschwinden. Selbst wenn man weiterhin trainiert oder süße Sachen isst. In 80 bis 90 Prozent bleibt sie dann auch weg. Wenn man sich kohlenhydratarm und leucinarm ernährt, dann wächst der Muskel aber nicht.

Gibt es denn etwas ganz Neues zum Thema Akne und Ernährung in der Forschung?

Das Medikament, das die Akne so gut bessert, heißt Isotretinoin. Es ist eine Vitamin-A-Säure. Das Medikament verhindert, dass Kohlenhydrate die Wachstumsimpulse geben. D.h. es greift wohl tatsächlich in den Muskelaufbau ein. Der Schalter beim Muskel steht auf „wir können nicht wachsen“. Das ist für mich auch neu und spannend. Mit dieser neuen Studie möchte ich mich noch intensiver befassen.

Zu welcher Hautpflege raten Sie bei unreiner Haut, bei Akne?

Am besten verwendet man kein Make-up, das führt zu einer Verstopfung der Poren. Ja, natürlich ist auch eine Reinigung wichtig. Aber wir wissen auch aus der Dermatologie, dass wir nur mit einer Reinigung nicht so große Fortschritte machen. Gegen Akne wirkt sie nicht, hier brauchen wir die entsprechenden Medikamente.

Noch einmal mit ihren Worten, Dr. Grimme: Was ist eine Akne, kurz erklärt?

Akne ist, wie Sie schon anfangs erwähnt haben, die häufigste Hauterkrankung. Sie führt zu einer Entzündung der Talgdrüse bzw. des Haarfollikels. Es hat immer etwas mit Hormonen zu tun. Ohne männliche Hormone, die auch Frauen haben, bekommt man das nicht. Männliche Hormone werden ab der Pubertät produziert. Deswegen ist es auch eine Pubertätserkrankung. Nicht bei allen ist es nach der Pubertät vorbei. Durch die Verhornungsstörung, durch die Bakterien und die vermehrte Talgproduktion braut sich die Akne zusammen.

Jetzt wird klar, dass wir eine Akne allein mit einer Reinigung der Haut nicht behandeln können. Sind mehr Männer oder mehr Frauen von der Akne betroffen?

Ich würde sagen, es trifft beide gleich. Männer oft länger und stärker. Die Muskelgeschichte betrifft mehr die Männer. Frauen sind hier nicht so auf die Muskelmasse aus.

Manche Menschen neigen überhaupt nicht zu Akne. Diese haben als Jugendliche keine Akne gehabt. Nicht jeder bekommt Akne, der süße Sachen isst oder trinkt. Aber wenn man eine gewisse Neigung dazu hat, kann man das dadurch gewiss verstärken und auslösen. Und vor allem, wenn man darauf verzichten würde bei einer Akne, dann würde sich das auch höchstwahrscheinlich deutlich besser auswirken.

Abschließend, gibt es die beste Ernährung bei Akne?

Die richtige Ernährung ist nicht einfach. Viele können nicht auf süße Sachen verzichten. Die beste Ernährung gegen Akne ist für viele schwer umzusetzen, das muss man einfach auch so sagen. Akne ist auch eine Erkrankung der Industrieländer. In Papua-Neuguinea gibt es keine Akne. Viele raten von daher auch zu einer Omega-3- und Omega-6-fettreichen Ernährung. Vielleicht hätten wir gar nicht so viel Akne, wenn wir uns anders ernähren würden.

Ich rate zu einer gesunden, wenig verarbeiteten, wenig Zucker und Weißmehl enthaltenen Ernährung mit Gemüse, Fisch, Fleisch und nicht so viele Milchprodukte. Einfach die Menge reduzieren. Es heißt nicht, man darf keine Cola mehr trinken oder keine Milch mehr trinken. Alles in Maßen. Von einer ausgewogenen Ernährung profitiert nicht nur die Haut, sondern der gesamte Körper.

 

Herr Dr. Grimme, wir bedanken uns vielmals für das offene Gespräch.

Akne Ernährung
© Dr. med. Heiko Grimme

 

MVZ Hautzentrum am Kurpark
70372 Stuttgart
www.hautzentrum-am-kurpark.de

 

Hinweis der Redaktion:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.