Das ist uns doch allen schon mal aufgefallen, oder? Scrollt man sich durch die Instagram-Profile der einschlägigen Influencerinnen, Models und Hollywood-Schönheiten fällt eines auf: irgendwie sehen die Ladies alle ziemlich gleich aus. Und dieser Einheits-Look hat längst auch jenseits der Promi-Welt die Oberhand gewonnen. Junge Frauen und Mädchen, die ihren Beauty-Vorbildern nacheifern, dominieren das Bild auf der Straße und erst recht in den sozialen Medien.

Experten haben bereits einen Namen für dieses Phänomen gefunden: das „Instagram Face“. Diese omnipräsente Schönheits-Schablone charakterisiert sich weitgehend wie folgt:

  • Ein jugendliches, herzförmiges Gesicht
  • Eine kleine Stupsnase mit einer nach oben gebogenen Spitze
  • Voluminöse Lippen mit ausgeprägtem Lippenbogen
  • Große, Katzenartige Augen
  • Volle, aber gepflegte Augenbrauen
  • Ein definiertes Kinn und eine ausgeprägte Kieferlinie
  • Hohe Wangenknochen
  • Lange, volle Wimpern
  • Gebräunte, strahlende Haut
  • Natürlich wirkendes Make-up

Zum Instagram Face gehören in der Regel außerdem:

  • Üppige Oberweite und Gesäß
  • Eine schmale Taille mit definierten Bauchmuskeln
  • Endlose, schlanke Beine
  • Langes, glänzendes Haar
  • Ständig wechselnde Outfits, die immer im Trend liegen

Inbegriff dieses Ideals sind die Kardashians. Ihr makelloses Aussehen verdanken Kim, Khloe und Co. allerdings vor allem diversen Besuchen beim Beauty-Doc, was sie öffentlich aber gern bestreiten. Man erinnere sich nur an den Hype um den Schmollmund von Kylie Jenner, die erst nach langem hin und her zugab, dass sie diesen einer Lippenvergrößerung verdankt. Dennoch wurde das jüngste Mitglied des Kardashian-Clans zur Pionierin des Instagram Face. Über 387 Millionen folgen ihr auf Instagram, ihre Lippenproduktlinie vermarktet Kylie derart erfolgreich, dass sie noch im Teenager-Alter zur “Selfmade”-Milliardärin(!) aufstieg.

Der Erfolg sei ihr gegönnt. Doch was macht es mit uns, wenn wir ständig mit diesen makellosen, gestellten und meist bearbeiteten Bildern konfrontiert sind?

Auf den meisten Social-Media-Plattformen steuert ein Algorithmus den Content, der dem User ausgespielt wird. Heißt: Sobald man mit den perfekten Influencer-Postings interagiert, werden kontinuierlich ähnliche Inhalte ausgespielt: Die Timeline wird immer mehr zu einer einzigen Instagram Face-Parade, immer mehr manifestiert sich der Eindruck, dass es nur dieses eine Schönheitsideal gibt.

Das große Problem mit dem Instagram Face ist, dass es sich um eine homogenisierte Version von Schönheit handelt, die inzwischen so weit verbreitet ist, dass viele – insbesondere junge – Frauen sich unter Druck gesetzt fühlen, sich dieser Ästhetik anzupassen.

Klar, dass wir gewissen Beauty-Vorbildern nacheifern, ist nicht neu. Was das Phänomen Instagram Face unterscheidet, ist jedoch, dass dieses vermeintlich perfekte Äußere zwar oft durch eine Kombination aus kosmetischen Eingriffen und dem Einsatz von Foto-Filtern erreicht wird, aber als natürlich und “realistisch“ verkauft wird. Wir bewundern nicht mehr Models auf Werbeplakaten und in Hochglanzmagazinen, die unerreichbar schienen. Die Beauty-Ideale von heute sind nicht mehr nur Stars aus dem fernen Hollywood. Die neuen Vorbilder sind schöne Mädchen und Frauen „von nebenan“, die uns das Gefühl vermitteln: „Ich bin genau wie du, ich bin deine Freundin. So kannst du auch aussehen.“

Und tatsächlich kann durch den Einsatz des passenden Filters jede Frau genau so aussehen. Einmal über den Smartphone-Screen wischen und die Nase wird kleiner, die Lippen werden voller, die Haut strahlender – es ist ein bisschen wie Magie. Doch wie bei einem Zaubertrick ist das Ergebnis trotzdem eines: eine Illusion.

Denn beim Blick in den Filter-freien Spiegel schauen wir wieder in unser „echtes“ Gesicht, das vielleicht nicht dem Instagram-Ideal entspricht, aber trotzdem nicht minder schön ist. Nur erkennen wir das häufig nicht mehr. Individualität, Ausstrahlung, Charme – alles das, was uns besonders, einzigartig und, ja, schön macht, droht seine Bedeutung zu verlieren, wenn wir alle nur dem einen, allgemeingültigen Ideal hinterherrennen.

Es ist statistisch erwiesen, dass kosmetische Eingriffe mit der wachsenden Popularität von Instagram & Co. exponentiell zugenommen haben. Nicht selten, berichten Schönheitschirurgen, stehen ihnen junge Mädchen mit ihrem gefilterten Portrait gegenüber und bitten den Arzt darum, aus der Illusion Realität zu machen.

Ist es nicht fast schon paradox, dass eine Generation, die auf der einen Seite öffentlich „Diversity“ zelebriert, „Body Positivity“ proklamiert und von der Gesellschaft ein Höchstmaß an Toleranz einfordert, sich auf der anderen Seite einem Schönheitsideal verschreibt, das alles andere als individuell ist?

Vielleicht sollten wir diese Großzügigkeit und Akzeptanz, die wir uns von anderen wünschen, in erster Linie auch uns selbst gegenüber walten lassen. Denn eines lässt einen Menschen schöner strahlen als jeder Filter: Selbstliebe!