Ob blau und blass aussehen oder Neurodermitis und Nesselsucht entwickeln – die Haut spricht mit uns über Erkrankungen im Körper, aber auch der Seele. Und gerade letzteres in nicht unerheblichen Maße. Deshalb berücksichtigen Ärzte und Kosmetiker zunehmend in ihrer Behandlung die psychologischen Ursachen von Hauterkrankungen. Manche sprechen hierbei von einer Revolution.

„Das Verständnis für die Wechselwirkungen zwischen Psyche und Hauterkrankungen ist sehr stark gewachsen“, erklärt Dr. rer. nat. Michael Schmidt, Biochemiker, Hautphysiologe und Geschäftsführer des Kosmetikinstituts Dermatolan. Dazu hätte vor allem das relativ junge Wissenschaftsgebiet der Neuroimmunologie beigetragen. Dieses wies unter anderem nach, dass „Stress, Angst oder schwerwiegende Einschnitte in unserem Leben die Aktivität wichtiger Immunzellen, Lymphozyten und Makrophagen (der Killerzellen)“ dämpfen und in der Folge Infektionen und entartete Krebszellen nicht mehr so effektiv bekämpfen.

Zugleich weiß man heute, betont Dr. rer. nat. Michael Schmidt, dass zwischen Hautzellen, Nerven- und Immunsystem eine enge Kommunikation stattfindet – mit ähnlichen Botenstoffen, die für die Reifung, das Training, das gegenseitige Aktivieren und Hemmen bestimmter Immunzellen elementar sind. Beispielsweise träfe dies auf die bisher „tot geglaubten Hornhautzellen“ zu, indem sie für die Kommunikation der funktionierenden Hornhautzellen wichtig sind.

Seelenfaktor bei 30 Prozent

Besonders bei schwereren Hauterkrankungen wie Neurodermitis, Schuppenflechte, Akne, Ekzemen, Allergien und einigen Haarausfallleiden helfen diese neuen Erkenntnisse. Denn so sehr die Haut als Schutz- und Barriereorgan fungiert, so sehr ist sie ein Vehikel für Stress, Angst und besondere Belastungen.

Nach dem schweren Erbeben von Kobe im Jahr 1995 zum Beispiel verschlechterte sich, laut japanischen Wissenschaftlern, bei fast 40 Prozent der ca. 1.500 Neurodermitis-Erkrankten in der Region die Krankheit massiv. 2014 kam eine europäische Studie in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin (DGPM) zu der Erkenntnis, dass fast jeder dritte Hautkranke auch unter psychischen Problemen leidet. Der Anteil von Menschen mit Depressionen war dabei unter den Hautkranken mehr als doppelt so hoch, und Angsterkrankungen oder Suizidgedanken kamen anderthalbmal so häufig vor wie in der Kontrollgruppe ohne Hauterkrankungen.

Neue Zusammenarbeit

Solche Forschungen und neue Erkenntnisse haben, laut Dr. rer. nat. Michael Schmidt, dazu geführt, dass „in weiten Kreisen der Ärzteschaft und der Öffentlichkeit eine Neubewertung bisheriger Therapieansätze“ stattfindet – indem viele Behandlungen nun bei den eigentlichen psychischen Ursachen beginnen. Dabei nimmt die notwendige Zusammenarbeit zwischen Dermatologen, Kosmetikern, Psychologen und Psychotherapeuten vor allem auch in den Fachkliniken spürbar zu. „Einige Dermatologen sprechen bereits von einer zukünftigen Revolution in der Behandlung von Hauterkrankungen“, sagt der Hautphysiologe und Biochemiker.