Eine besorgniserregende Entwicklung zeichnet sich derzeit in den sozialen Netzwerken ab: Der Trend zu DIY-Schönheitsbehandlungen wie z. Bsp. Selbstinjektionen mit Hyaluronsäurepräparaten.

Das sind Behandlungen, die man FachärztInnen überlassen sollte, denn in Laienhand können sie irreparable Schäden hinterlassen. Immer häufiger tauchen Videos auf, die zeigen, wie Frauen und Männer sich mit Spritzen oder Pens den Wirkstoff Hyaluron selbst in Lippen und anderen Stellen im Gesicht injizieren. Dabei riskieren sie Entstellungen und gesundheitliche Komplikationen.

Dr. Lutz Kleinschmidt, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) erklärt die Risiken und appelliert an Influencer:

„Wir Fachärzt*innen von der DGÄPC möchten davor warnen. Auch vermeintlich kleinere, minimalinvasive Behandlungen sind ernstzunehmende medizinische Eingriffe, die ohne diagnostische Bewertung, fachmedizinische Beratung und Umsetzung ein hohes gesundheitliches Risiko bergen.

Pens sind stiftähnliche Geräte, die ohne Nadel auskommen und Hyaluronsäure mit hohem Luftdruck unter die oberste Hautschicht pressen. Der Effekt bleibt oberflächlich und ist nicht anhaltend. Dabei können kleinere Verletzungen der Lippenhaut oder Blutergüsse auftreten. Das Ergebnis muss als plump und nicht besonders ästhetisch beschrieben werden. Leider ist zu befürchten, dass nach dem Griff zum Pen, der Griff zur Nadel und Selbstinjektion nicht weit ist.

Mit besonderer Dringlichkeit möchten wir vor den medizinischen und gesundheitlichen Folgen einer Selbstinjektion oder Injektion durch Laien warnen. Im Gesicht befinden sich viele anatomisch schwierige Stellen, an denen Blutgefäße durch die Injektion eines Fillerstoffs leicht zugedrückt werden können. Der Schaden ist daran zu erkennen, dass die Haut weiß wird, weil sie nicht mehr ausreichend durchblutet wird. In diesem Fall muss sofort ein Gegenmittel gespritzt werden, das natürlich nur Ärzt*innen und Heilpraktiker*innen vorrätig haben – ein Laie aber nicht.

Noch gefährlicher wird es, sollte Hyaluron versehentlich in das Innere eines Blutgefäßes injiziert werden. Dann verstopft das Blutgefäß und dies kann zu irreparablen Schäden führen – im oberen Gesichtsbereich sogar bis zu Blindheit auf einem Auge.

Auch vermeintlich leichtere Komplikationen wie Infektionen können zu großen Problemen für die Betroffenen auswachsen. Ebenfalls darf nicht unterschätzt werden, dass ästhetisch unschöne Ergebnisse eine große psychische Belastung darstellen.

Abgesehen davon, dass Faltenfiller und Füllstoffe grundsätzlich nicht in die Hände von Laien gehören, ist auch davon auszugehen, dass das verkaufte Medizinprodukt eventuell von minderwertiger Qualität ist.  Seriöse Hersteller von Hyaluronsäure verkaufen in der Regel diese Produkte nicht an Laien.

Man muss also leider feststellen, dass Händler und Plattformen, die solche Produkte anbieten, Fehlbehandlungen bis schwere Komplikationen billigend in Kauf nehmen. Wir DGÄPC-Fachärzt*innnen können von solchen Experimenten nur abraten und appellieren an Social Media-Influencer*innen und Nutzer*innen, das Risiko unseriöser Ästhetisch-Plastischer Behandlungen nicht zu verharmlosen und entsprechende Inhalte nicht zu erstellen oder zu teilen.“

Dr. Lutz Kleinschmidt, Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie