„Bin ich schön?“ Diese Frage hat sich wohl jede Frau schon einmal gestellt. Doch gibt es auf diese Frage überhaupt eine allgemein gültige Antwort?
Schönheitsideale ändern sich. Einst galten voluminöse Rubens-Körper als der Inbegriff von Weiblichkeit. Als der, durch Models wie Kate Moss geprägte „Heroin Chic“ die Fashionwelt in den 90er Jahren beherrschte, konnte man – oder vielmehr Frau – dagegen gar nicht dünn genug sein.
Unreale Schönheitsideale im digitalen Bilderbuch
Auch heute sind wir umgeben von vermeintlich perfekten Frauen, die uns aus Zeitschriften, von Werbeflächen und vor allem in den sozialen Medien entgegenlächeln. Magazine, Marken, Stars, Influencer – sie sind die Meinungsbildner von heute. Sie bestimmen, was wir als schön empfinden – oder ihrer Meinung nach als schön empfinden sollten. Sie kreieren Schönheitsideale, die für die allermeisten von uns völlig unerreichbar sind. Denn, was vor allem junge Mädchen häufig vergessen: Diese Ideale aus den Medien sind nicht real.
Keine Fotostrecke schafft es jemals in ein Modemagazin, ohne dass die Bilder ausführlich mit Bildbearbeitungsprogrammen wie Photoshop bis ins kleinste Detail perfektioniert wurden. Und das, obwohl die schönen Models bereits beim Shooting mit dem besten Kamera-Equipment, Profi-Make-up und optimaler Beleuchtung ins – im wahrsten Sinne des Wortes – rechte Licht gerückt wurden.
Nicht anders ist es bei den glamourösen Werbekampagnen, für die Stars und Supermodels ihre großen Namen und schönen Gesichter hergeben. Falten, Hautunreinheiten, Cellulite? Völlig undenkbar.
Menschen wollen aussehen wie ihre retuschierten Selfies
Doch auch in den vermeintlich so authentischen sozialen Medien sucht man nach völlig normalen Schönheitsmakeln meist vergeblich. Der richtige Filter macht es möglich, dass sich selbst ganz normale Frauen bei Instagram & Co. schöner schummeln. Eine Studie der Boston University ergab, dass immer mehr Menschen aussehen wollen wie ihre retuschierten Selfies – und sich mit den bearbeiteten Selbstbildnissen als Vorlage sogar bereit sind, sich für das perfekte Foto unters Messer zu legen. Schönheitschirurgen bestätigen diesen traurigen Trend. Über die Hälfte der befragten Ärzte gab in einer amerikanischen Studie an, dass bereits Patientinnen mit dem Wunsch an sie herangetreten sind, dass sie durch eine Beauty-OP auf Selfies besser aussehen wollen.
„Die bearbeiteten Bilder in den sozialen Medien verändern weltweit, wie wir Schönheit wahrnehmen“, lautet auch das Fazit der Studie „Selfies – Living in the Era of Filtered Photographs“.
Noch weiter befeuert wird diese Entwicklung durch den zunehmenden Einfluss von – der Name ist Programm – Influencern, die mit ihren perfekten Profilen viel Geld verdienen. In die Kreation, Erstellung und Optimierung ihrer Fotos, die doch eigentlich das reale Leben darstellen sollen, fließt häufig genauso viel Arbeit wie in ein Shooting für ein Hochglanz-Magazin.
Perfekt geschummelte Schönheitsideale dank Photoshop
Kernzielgruppe dieser meist jungen Frauen sind Mädchen im Teenager Alter. Das Problem: ganz häufig ist diesen Mädchen nicht bewusst, dass es sich bei den bunten Bildern ihrer Vorbilder nicht um spontane Schnappschüsse handelt, sondern um die perfekte Inszenierung eines vermeintlich perfekten Lebens. Hashtags wie „wokeuplikethis“ – zu deutsch „so bin ich gerade aufgewacht“ sollen Natürlichkeit und Nahbarkeit vermitteln.
Doch neben Fotos, auf denen die Frauen nicht nur perfekt gestylt sind, sondern die nachträglich auch noch bearbeitet wurden, könnten solche Claims von der Realität kaum weiter entfernt sein. Doch trotzdem scrollen tausende von Mädchen durch Bilder wie diese und fragen sich, warum sie nicht so aussehen, wenn sie morgens im Bett die Augen aufmachen. Warum sie keinen makellosen Teint, keine Wespentaille und keine endlos langen Beine haben – denn auch an den vielen durchtrainierten und gertenschlanken Traumkörpern wird bei Instagram geschummelt und geschönt, dass sich die Balken biegen und der Schwindel auffliegt.
Der so entstehende Trend zu immer extremeren und unrealistischeren Schönheitsidealen hat den sozialen Medien viel Kritik eingebracht – und die ging an der digitalen Bilderbuch-Welt nicht spurlos vorbei. Immer mehr Influencer zeigen inzwischen sogar ganz offen, wie ihre perfekten Fotos vor Photoshop, Filtern & Co. aussahen.
Kleine Makel machen den Menschen aus
Es findet ein Umdenken statt. Begriffe wie „Body positivity“ sollen jungen Frauen wieder Selbstbewusstsein vermitteln. Zahlreiche Stars setzen sich gegen „Body Shaming“ im Netz ein. Curvy Models und echte Frauen erobern die Werbung. Große Brands wie zum Beispiel die Pflegemarke „Dove“ setzten in ihren Kampagnen statt auf Models bewusst auf ganz normale Frauen mit ganz normalen kleinen Makeln.
Es sind Werbegesichter, in denen sich die Kundin wiederfindet, mit denen sie sich identifizieren kann. Die Botschaft: Du bist schön, genauso wie du bist. Es sind sogar erst deine kleinen äußerlichen Besonderheiten, die du vielleicht als Makel empfinden magst, die dich ausmachen, die dir Persönlichkeit verleihen, die dich zu dem Menschen machen, der du bist. Und dieser Mensch ist schön. Nicht, weil er einem gängigen Schönheitsideal entspricht, sondern weil du es so fühlst.