Vom Planking bis zur Ice Bucket Challenge – die sozialen Medien sind dafür bekannt, dass sie Trends in Gang setzen können, die ein Eigenleben entwickeln. Was man bei aller Begeisterungsfähigkeit jedoch nicht vergessen sollte, ist, dass nicht alles, was man bei Instagram, TikTok und Co. sieht, liest oder hört, der Wahrheit entspricht, vor allem, wenn es sich um vollmundige Gesundheitsversprechen handelt. Der wohl größte Hype dieser Art dreht sich gerade um ein eigentlich jahrtausendealtes Heilmittel aus Indien: Ashwagandha.
Unter dem Hashtag #ashwagandha berichten begeisterte Nutzer von einer immensen Stressreduzierung, einem gesteigerten Selbstvertrauen, einer erhöhten Libido, verbesserter Gehirnfunktion und dem Gefühl, so glücklich und angstfrei zu sein, dass sie besser mit unglücklichen Ereignissen wie einer Trennung oder sogar einem Trauerfall umgehen können.
Aber ist an diesen großen Versprechen wirklich etwas dran? Was sind mögliche Risiken bei der Einnahme von Ashwagandha? Und gibt es andere Möglichkeiten, Stress abzubauen, ohne ein Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen? Beauty-Guide.de klärt auf.
Was ist Ashwagandha?
Ashwagandha (Withania somnifera) ist ein kleiner immergrüner Strauch, der in Teilen Indiens, Afrikas und Südostasiens heimisch ist, wo er seit mehr als 3.000 Jahren als Heilpflanze verwendet wird. Bekannt ist Ashwagandha auch unter den Namen “Winterkirsche” und “Indischer Ginseng”.
Ashwagandha ist ein Sanskrit-Wort und bedeutet “Geruch des Pferdes”, was sich auf den durchaus gewöhnungsbedürftigen Geruch der Wurzel bezieht. Dieser ist auch der Hauptbestandteil, der für therapeutische Zwecke verwendet wird.
Warum wird Ashwagandha in den sozialen Medien so gefeiert?
Einer der Hauptgründe, warum Ashwagandha in den sozialen Netzwerken so beliebt ist, ist seine angeblich stresslindernde Wirkung.
Es lässt sich nicht leugnen, dass Stress eine tiefgreifende Auswirkung auf die allgemeine Gesundheit eines Menschen haben kann. Untersuchungen haben gezeigt, dass anhaltender Stress zu Bluthochdruck und einer Zunahme von Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann. Er kann sich auch negativ auf das Immunsystem auswirken, den Stoffwechsel beeinträchtigen und die Schlafqualität mindern.
Ashwagandha enthält sogenannte Withanolide, eine Stoffgruppe, der eine stresslindernde Wirkung zugeschrieben wird. Damit gehört Ashwagandha zu einer Klasse von Naturarzneimitteln, die aufgrund ihrer Wirkung auf das Immunsystem und ihrer Unterstützung des geistigen und körperlichen Zustands in Stresssituationen als sogenannte Adaptogene bezeichnet werden. Durch die Reduzierung der Ausschüttung des Stresshormons Cortisol können diese helfen, Müdigkeit und andere stressbedingte Zustände zu reduzieren.
Eine Studie aus dem Jahr 2019 ergab, dass Teilnehmer, die Ashwagandha einnahmen, eine signifikante Verringerung des empfundenen Stresses, niedrigere Cortisolwerte und eine verbesserte Schlafqualität aufwiesen.
Aber: Obwohl Ashwagandha eine nützliche Ergänzung für jemanden sein kann, der Unterstützung bei Schlaf, Stress oder Angstzuständen benötigt, sollte es niemals ein Ersatz oder eine langfristige Lösung für ein tieferes körperliches, psychologisches oder physiologisches Problem sein.
So wie ein Multivitaminpräparat kein Ersatz für eine ausgewogene, abwechslungsreiche und qualitativ hochwertige Ernährung und Lebensweise sein kann, sondern vielmehr als “Ergänzung” dienen sollte.
Steigert Ashwagandha die Libido und hilft beim Aufbau von Kraft?
Einige Influencer behaupten, dass die Einnahme von Ashwagandha nicht nur bei Stress hilft, sondern auch das Testosteron und die Libido steigert und ein Muss für alle ist, die im Fitnessstudio an Masse zulegen und ihre körperliche Ausdauer steigern wollen.
Eine Studie aus dem Jahr 2021 ergab tatsächlich, dass die Einnahme von Ashwagandha die körperliche Leistungsfähigkeit von gesunden Männern und Frauen verbessert. Weitere Studien bestätigten, dass Ashwagandha das Volumen und die Beweglichkeit der Spermien verbessern, sowie den Testosteronspiegel um etwa 14% erhöhen kann.
Aber: Was jedoch nicht nachgewiesen werden konnte, ist , dass das Nahrungsergänzungsmittel das sexuelle Wohlbefinden, die Vitalität, die Müdigkeit, den Östradiolspiegel oder das Cortisol erhöht.
Hat Ashwagandha gesundheitliche Risiken?
Die Forschungsergebnisse scheinen zwar einige der Vorteile des vermeintlichen Wundermittels zu bestätigen, das Supplement ist jedoch keineswegs ein Allheilmittel für jedermann.
Potenzielle Nebenwirkungen bei der Einnahme von Ashwagandha sind Schläfrigkeit und Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall, Übelkeit und Erbrechen.
Besondere Vorsicht ist bei Vorerkrankungen geboten. Experten warnen, dass Ashwagandha Autoimmunkrankheiten verschlimmern kann, indem es die Immunaktivität stimuliert. Außerdem kann es die Produktion von Schilddrüsenhormonen anregen, was eine Schilddrüsenüberfunktion verschlimmern und sich auf Medikamente auswirken kann, die zur Behandlung einer Schilddrüsenunterfunktion eingesetzt werden.
Da Ashwagandha auch den Testosteronspiegel erhöhen kann, sollte es bei Personen mit hormonempfindlichem Prostatakrebs vermieden werden. Auch wird von einer Einnahme während der Schwangerschaft abgeraten, da hohe Dosen von Ashwagandha einen Schwangerschaftsabbruch auslösen können.
Wie bei allen Nahrungsergänzungsmitteln oder Medikamenten gilt: Je höher die Dosis und je länger die Einnahmedauer, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Nebenwirkungen auftreten.
Grundsätzlich sollte man immer seinen Arzt informieren, wenn man Ashwagandha – oder ein anderes Supplement – einnimmt, um unerwünschte Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu vermeiden.
Welche alternativen Möglichkeiten zum Stressabbau gibt es?
Ein Nahrungsergänzungsmittel ist nie ein Allheil-Wundermittel. Es gibt viele alternative Möglichkeiten, Stress und Angstzustände zu lindern, ohne dass man Tabletten, Kapseln und Co. schlucken muss:
1. Umstellung der Ernährung
Zahlreiche Forschungsergebnisse zeigen, dass sich unsere Ernährung auf unsere Stimmung und psychische Gesundheit auswirkt.
Als ideal gilt eine ausgewogene Vollwertkost. Dazu gehört viel Gemüse und Obst – möglichst aus biologischem Anbau – Nüsse und Samen sowie hochwertiges Fleisch. Von verarbeiteten Lebensmitteln sollte man sich tunlichst fernhalten.
Als angstlösend hat sich in Studien eine Ernährung, die reich an Omega-3-Fettsäuren ist, erwiesen. Diese gesunden Fette stecken zum Beispiel in Fisch sowie in Lein-, Chia- und Hanfsamen.
2. Entspannung für Körper und Geist
Abgesehen von gesunder Ernährung hilft es, alternative Wege zur Bewältigung von Stress und Ängsten zu kultivieren.
Körperliche Praktiken wie Meditation, Atemübungen, sanfte Bewegung wie Yoga, Pilates, Tai Chi und Qi Gong können sehr wirkungsvoll sein, um Stress und Ängste abzubauen.
Um zur Ruhe zu kommen, kann es aber auch einfach helfen, ein Bad zu nehmen, nach draußen in die Natur zu gehen, beruhigende Musik zu hören, Tagebuch zu schreiben oder schon sich mit Menschen zu umgeben, in deren Gegenwart man sich wohlfühlt.
Auch kreative Hobbies wie Malen, Zeichnen, Schreiben und Kochen können das Wohlbefinden verbessern und Stress, Depressionen und Einsamkeit verringern.
Welche Methode am besten funktioniert – und ob Ashwangada ein Teil davon ist – findet am besten jeder individuell für sich heraus.